Reihe der Kreativen: Klaus Peter entwickelt ungewöhnliche Fahrwerke

von Gabriele Wittmann

Mit Rollstühlen kennt Klaus Peter sich aus. So gut, dass er inzwischen rund drei Dutzend Mo­delle konstruiert hat, die alle unterschiedliche Anforderungen bewältigen: Der »Adventure« rollt gut auf schlechten Koppelstein-Wegen, der »Twin-Wheeler« besitzt doppelte Rad-Paare wie bei einem Flugzeug. Für alle Eventualitäten hat Peter das richtige Fahrwerk entwickelt: Wege durch Schnee oder Sand oder auf steinigem Fels. Und das, obwohl er von Haus aus kein Techni­ker war.

»Elina’s Fahrwerk« heißt die Firma des Kreati­ven, benannt nach seiner Tochter. Sie hatte als Kind bereits mit dem Fahrradfahren begon­nen, da brach bei ihr die unheilbare Krankheit MLD aus. Das Fortschreiten konnte zwar durch eine Transplantation gelindert werden, doch die Nervenschäden blieben; Elina konnte nicht mehr laufen.

Für Vater Klaus Peter war dies der Auftakt in ein neues Leben. Für seine Touren mit der Tochter probierte er Frontlader, bei denen der Rollstuhl vor der Lenkstange geparkt werden kann. Doch bei 3 000 gefahrenen Kilometern im Jahr ist der leidenschaftliche Radfahrer des Öfte­ren allein unterwegs. Dann störte die zusätzliche Breite des erweiterten Gefährts. Er musste sich etwas Neues einfallen lassen.

»Ich bin da allmählich reingewachsen«, erzählt der 53-Jährige. Zunächst begann der gelernte Kaufmann in seiner Freizeit, einen gewöhn­lichen Kinder-Fahrrad-Anhänger umzubauen. Statt Sitz-Tuch installierte er einen Kinder-Au­to-Sitz, baute den Rumpf komplett auseinander, vergrößerte die Teile. Nach einem Jahr war die Tochter jedoch bereits durchgehend auf einen Rollstuhl angewiesen.

Nun musste Klaus Peter ein Transport-Mittel erfinden, auf dem der Rollstuhl »Huckepack« mitfahren kann. »Damit Elina am Ziel auch im eigenen Rollstuhl mit uns in die Eisdiele kann«, erklärt er. Woher er das handwerkliche Talent nimmt? »Von meiner Familie«, meint er. »Die sind alle Handwerker.«

Die ersten Hundert sind verkauft

Mit einer gewöhnlichen Holzplatte hat damals alles angefangen. Die benutzte der Tüftler in seiner »Räuberhöhle«, wie er seine Werkstatt nennt. Er wollte herausfinden, an welcher Stelle der Rollstuhl stehen muss, damit später nicht zu viel Druck auf dem Fahrrad lastet. In vielen Stunden baute er allmählich einen Prototyp.

Mann in seiner Werkstatt_Rllstuhl-Umbauer
©Elina’s Fahrwerk/ Klaus Peter

Inzwischen lässt er den Korpus von deutschen Unternehmen herstellen, die Endfertigung über­nimmt er immer noch selbst. Mittlerweile hat das Start-Up-Unternehmen an die einhundert Exemplare verkauft.

Geld ist nicht alles

Früher leitete der gelernte Kaufmann Auto­häuser. »Ich habe in meinem Leben über 7 000 Autos verkauft«, erzählt Klaus Peter. »Ich habe nie jemanden übers Ohr gehauen. Aber etwas Gutes getan hat man damit nicht.« Heute sagt er: Geld ist nicht alles. Warum eine Firma für Rollstuhltaugliche Fahrrad-Anhänger? Die Antwort kommt prompt: »Ich wollte mal etwas richtig Sinnvolles machen.« Und das heißt für ihn: »Ich will dazu beitragen, dass Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens ge­parkt haben, nicht vor einem Schotterweg Halt machen müssen.«

Anhänger auch aus Aluminium

Inzwischen kommen seine Erfindungen auch ei­ner älteren Generation zugute. »Ich hab’s gerade mit der Zahl 95«, erzählt Klaus Peter. Denn drei 95-Jährige haben gerade seinen Fahrrad-Anhän­ger gekauft. Seit Ostern hält der Kreative auch ein Patent für ein Modell aus Aluminium. Das »Liberty« ist nur halb so schwer und günstig für Menschen, die den Anhänger aus einem Keller oder einer Garage heben müssen.

Frau in umgebauten Rollstuhl im Schnee
©Elina’s Fahrwerk

Was ihn antreibt, immer neue Konstruktio­nen zu entwickeln? »Meine Aufgabe sehe ich jetzt darin, dafür zu sorgen, dass behinderte Menschen nicht nur vor dem Fernseher oder dem Rechner sitzen und sich Filme anschauen. Sondern dass sie rauskommen und die Natur genießen können.«

www.elina-fahrwerk.de

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