Es gibt oft schickere Lösungen: Kornelia Grundmann entwickelt ansprechende Hotelzimmer

von Gabriele Wittmann

Stilvoll, aber nicht überdimensioniert: So beschreibt Architektin Kornelia Grundmann das Motto für ihre barrierefreie Gestaltung. Seit zehn Jahren berät sie mit ihrer Firma gabana Hoteliers und Bauherren. Und entwickelt selbst Möbel und Einrichtungsgegenstände, die das Leben in der eigenen Wohnung und im Hotel einfacher machen.

Ein schwieriger Begriff

Als sie mit 52 Jahren Rollstuhlnutzerin wurde, sah die erfahrene selbstständige Architektin Kornelia Grundmann überall Barrieren: im Haus, auf der Straße, im Umfeld. Sie erlebte, wie problematisch es sein kann, auf Reisen zu gehen. Und es nervte sie diese »ewige Rumsucherei«. Also bildete sie sich fort, beriet bald als »allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für barrierefreies Bauen« erste Interessenten. Und stellte fest, wie problematisch der Begriff »barrierefrei« ist.

»Wenn Sie heute mit Planern sprechen, dann präsentiert man Ihnen Lösungsvorschläge, dass Sie denken: Heute ist Jahrmarkt!« scherzt die 66-Jährige Beraterin. »Aber wenn Sie das dann barrierefrei wollen, dann kommt nur: Weiße Wände. Grauer Boden. Schluss. Aus. Ende.«

Woher rührt diese Fantasielosigkeit? Manche Planer haben kaum Erfahrung damit, was Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen tatsächlich benötigen, mutmaßt Kornelia Grundmann. »Der Einfachheit halber orientieren sie sich dann an der DIN, obwohl es oft sinnvollere und auch schickere Lösungen gibt«, so Grundmann. »Nehmen Sie zum Beispiel schwellenlose Türübergänge ins Freie. Eine ästhetische und komfortable Lösung, die dem Stand der Technik entspricht.«

Ausgetüftelte Konstruktionen

Die Bäder, die Kornelia Grundmann gestaltet, sind stilvoll und funktional. Und überraschen mit neuen Lösungen: Der Waschtisch ist nicht nur unterfahrbar, sondern bietet auch eine rollbare Ablage. Für die Dusche hat die Erfinderin eigens eine Glasfaltwand entwickelt. Sie ist so konstruiert, dass ein Rollifahrer selbst im kleinsten Bad rückwärts an die Dusche heranfahren kann, wobei sich die Türen zwischen die Räder falten. Die laufen »ganz easy«, sagt Grundmann: »Die kann man im Grunde mit einem Finger bedienen.«

Das WC ist elektrisch höhenverstellbar. Eine teure Technik, aber oft die beste Lösung: »Für Rollstuhlnutzer, die sich umsetzen, ist eine Behinderten-Toilette von 48 cm oft zu hoch. Ältere Menschen oder Menschen mit Mobilitätseinschränkungen – etwa nach Bandscheibenvorfällen – brauchen höhere Toiletten und gute Haltegriffe. Die höhenverstellbare Toilette ist also ein perfekter Mittelweg für alle.«

Hotelzimmer in Heiligenhaus

Solche gut ausgestatteten Bäder finden sich auch in dem aktuellen Auftrag der Beraterin: Dreizehn barrierefreie Zimmer im Hotel Neues Pastorat in Heiligenhaus. Der Verein ProMobil in Nordrhein-Westfalen hatte sie gebeten, auch das Design zu entwerfen. Entstanden ist ein neuer Prototyp: Das Zimmer ist modern und in frischen Farben gehalten, alles ist funktional und trotzdem ästhetisch ansprechend. Und die von Grundmann entworfene ausgetüftelte Bett und Nachttischkonstruktion birgt eingebaute unsichtbare Helfer.

Gesetze allein reichen nicht

Inzwischen hat Kornelia Grundmann diverse Bauvorhaben beraten oder realisiert, vom hochkarätigen Denkmalschutz-Projekt bis zum Wohnungsbau. War der Weg dorthin schwer? »Kein Weg auf dieser Welt ist einfach«, sagt die Beraterin nach kurzer Bedenkzeit. Und erinnert sich: Als sie 2011 angefangen hat, mit Hoteliers zu sprechen, hörte sie oft den Satz: »Das brauchen wir nicht.«

Irgendwann änderte sich dann die Gesetzeslage. »Doch Gesetze allein reichen nicht aus«, meint Kornelia Grundmann. »Damit allein können sie kaum jemanden begeistern!« Wie geht es dann? »Sie müssen den Kunden das Marktpotential aufzeigen«, erläutert die Beraterin. »Unsere Zimmer sind so komfortabel, dass sie alle Gäste begeistern. Weil sie viel Platz bieten, gehören sie zu den begehrtesten in jedem Hotel!« So arbeitet sie sich in Gesprächen voran.

Kompromisslose Umsetzung

»Sie mit Ihrem beharrlichen Charme!« Diesen Satz hört Kornelia Grundmann des Öfteren. Denn seit vielen Jahren redet sie unermüdlich mit Bauinnungen, Hotelbesitzern und Tourismus-Experten. Dann öffnen sich Türen. So bei dem Projekt »Resort Stettiner Haff« in Altwarp an der Ostsee. Die Besitzerin des Grundstücks wollte zunächst nur eines der geplanten Ferienhäuser barrierefrei bauen. »Da stimmte sofort die Chemie zwischen uns«, erzählt Kornelia Grundmann. Am Ende sagten die Besitzer: Dann bauen wir alle Häuser so! »Die sind kompromisslos in der Umsetzung«, schwärmt die Beraterin. »Jedes der 14 Ferienhäuser wird nun barrierefrei sein!«

In München berät Grundmann aktuell einen großen Konzern, der für seine 500 Mitarbeiter drei Etagen angemietet hat und Wert legt auf durchgängige und stylische Barrierefrei[1]heit. »Die Verantwortlichen haben erkannt, dass sie dadurch qualifizierte Mitarbeiter mit Einschränkungen gewinnen können«, so die Architektin. »Wir leben in Deutschland in einem Land mit über zehn Millionen schwerbehinderten Menschen. Dieser Fakt zieht endlich langsam Kreise.«

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