Sie sollen von anderen Ansätzen erfahren: Der Runde Tisch Arbeit nimmt Fahrt auf

von Gabriele Wittmann

Vor etwa einem Jahr hat der Verein Sozialhelden e. V. mit dem Projekt »JOBinklusive« einen »Runden Tisch« zum Thema Arbeit und Ausbildung einberufen. Wir sprachen mit Leiterin Silke Georgi und Referentin Anne Gersdorff darüber, was sich inzwischen getan hat. Welche Erkenntnisse und Ziele wurden formuliert? Und wie wollen die Beteiligten sie erreichen? Ein früh geäußerter Kritikpunkt war, dass in der Arbeitsvermittlung noch viel zu oft »traditionelle« Wege beschritten werden. Was ist damit gemeint?

Anne Gersdorff: Oft werden Bewerber mit Behinderungen in spezielle Einrichtungen vermittelt wie Berufsbildungswerke oder Werkstätten für behinderte Menschen. Das passiert oft nicht auf eigenen Wunsch der Betroffenen, sondern wird durch die Agentur für Arbeit, das Jobcenter oder die Rentenversicherung empfohlen. Dabei gibt es tolle andere Möglichkeiten. Wir brauchen also eine höhere Qualität in der Ausbildungsberatung und bei der Begleitung.

Silke Georgi, Sie leiten das Projekt. Wie funktioniert der »Runde Tisch«?

Silke Georgi: Wir wollen Leute zusammenbringen, die sich sonst nie begegnen würden. Menschen mit Behinderungen und aus der Politik, Arbeitgeber und Mitarbeiter aus staatlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen. Es gibt so viele Akteure, die eine gute Arbeit machen, doch niemand weiß von ihnen. Gegenseitig kennen sie sich auch nicht. Deshalb sollen sich die Teilnehmenden kennenlernen, von anderen Ansätzen erfahren und diese diskutieren. Das reicht von kleinen, privaten Betrieben bis hin zum Integrationsfachdienst, von ehemaligen Beschäftigen aus Behindertenwerkstätten und dem Bundesbehindertenbeauftragten bis zum Bundesinstitut für Berufsbildung, das sich als staatliche Stelle um die Weiterentwicklung der Berufsbildung kümmert.

Habt ihr ein Beispiel für diese »gute Arbeit«?

Georgi: Zum Beispiel der Malermeister Sven van Dyk von der Malerinnung Oderland. Er ermöglicht Inklusion im Handwerk auf eine sehr praktische und unkomplizierte Weise. Er veranstaltet jeden Sommer ein großes Camp mit Schülern mit und ohne Behinderungen, damit sie die verschiedenen Berufsfelder des Handwerks kennenlernen. Er betreibt Aufklärung und baut Berührungsängste ab. Bei dem Runden Tisch hatte er nun die Möglichkeit, mit der Berliner Handwerkskammer in Kontakt zu kommen.

Was kann das bewirken?

Gersdorff: Es haben verschiedene Begegnungen stattgefunden, die schon Früchte tragen. Mit der Berliner Handwerkskammer arbeiten wir an einem Leitfaden für Unternehmen, die junge Menschen mit Behinderungen ausbilden wollen. Oder: Ein teilnehmender Journalist hat die entstandenen Kontakte für eine umfangreiche Reportage zum Thema Ausbildung und Behinderung genutzt. Oder: Mit den relevanten staatlichen Stellen diskutieren wir über die Einrichtung einer Ombudsstelle für Inklusion und Arbeit.

Warum braucht es eine Ombudsstelle?

Gersdorff: Es erreichen uns immer wieder Anfragen von jungen Menschen mit Behinderungen, die verzweifelt sind, weil sie nicht die nötige Unterstützung von den offiziellen Stellen bekommen. Gleichzeitig sind sie von deren Entscheidungen abhängig. Sie wollen zum Beispiel eine betriebliche Ausbildung machen, anstatt in ein Berufsbildungswerk weit weg von Freunden, Familie und ihrem etablierten Unterstützungssystem zu gehen. Viele bekommen trotz einer abgeschlossenen Ausbildung nicht die Chance, sich außerhalb einer Behindertenwerkstatt zu beweisen. Es gibt keine unabhängige Stelle, die diesen motivierten jungen Menschen weiterhelfen kann und ihnen zu ihrem Recht auf inklusive Arbeit verhilft.

Wie geht es jetzt weiter?

Georgi: Wir bleiben weiter am Thema Ausbildung dran. Und planen gerade den nächsten Runden Tisch zum Thema: «Alternativen zur Werkstatt: Budget für Arbeit und Co.”

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