Roll-Splitt

von Online Redaktion

»Ein Kammerspiel«

Ich wurde erwartet. Der Typ saß im Faltrolli und sah zu, wie ich aus dem Kombi gerollt wurde. Er strahlte, stemmte sich hoch und wollte sich auf mich umsetzen. Doch er blieb mit einem Knie an meinen Fußstützenhalterungen hängen und fluchte. Das fängt ja gut an, dachte ich. Aber so sind sie nun mal, die Rollifahrer – immer am Meckern. Sei’s drum. »Die Dinger müssen weg«, meinte der Typ, zog am Gestänge und legte es beiseite. Nun schleiften seine Beine am Boden. Doch bald fand er eine Lösung: Er bastelte vorne andere Halterungen dran. Allerdings war ich nun zu lang für den häuslichen Mini-Aufzug. Ich ahnte Schreckliches. Und tatsächlich, keine zwei Tage später rückte der Typ mit einer Flex an und trennte meine Kippstützen hinten ab. Nun konnte er die Füße abstellen und ich passte in den Aufzug. Trotzdem, mir war nicht wohl bei der Sache. Eines Tages setzte mein Nervensystem aus und ich tat keinen Mucks mehr. Ein Techniker kam. »Die Steuerung ist im Eimer« meinte er und nahm mich mit. Mein Typ schaute blöd. Und selbst die Aussicht, mich in ein paar Tagen zurück zu bekommen, besserte seine Laune nicht. Denn nun musste er mit seiner alten Gurke durchs Haus rollen. Ich wurde in die Werkstatt verfrachtet, meine Steuerung repariert.

verschiedene Kieselsteine

Ein Azubi schlich um mich herum und sagte: »Da fehlt was!« Er zeigte auf die Stellen, wo einst meine Kippstützräder waren. Der Werkstattleiter tobte. Er ging zum Chef und faselte was von »beschädigtem Firmeneigentum« und »Zulassungsverlust«. Mein Gott, der nimmt sich aber wichtig, dachte ich und erinnerte mich daran, wie ich die steile Rampe von der Wohnung auf die Terrasse und zurück gefahren wurde. Inzwischen weiß ich: Kippstützen werden überschätzt! So weit, so schlecht. Denn nun stand ich in der Ecke und musste mir die Streitereien mit anhören. Wochenlang ging es hin und her. Mein Typ sollte den Schaden ersetzen – 3 500 Euro für einen neuen Unterbau. Aber er weigerte sich, drohte mit einer Anzeige wegen Körperverletzung und wollte mich umgehend zurückhaben. Und zwar so, wie ich war. Ohne die Stützen, denn die hätte er sofort wieder abgetrennt. Es entwickelte sich ein absurdes Kammerspiel, bis die Werkstatt einlenkte. Dafür musste mich mein Typ für 1 000 Euro und mit einer Verzichtserklärung freikaufen. Und ab da für jeden Mist selbst aufkommen. Aber immerhin: Wir hatten uns wieder. Und ich gehörte ihm.

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