Fantastisches Häuschen auf Rädern: Maßarbeit für den barrierefreien Wohnwagen-Urlaub
von Gundel Jacobi
Campingurlaub liegt ungebrochen im Trend. Diese Reiseform gilt als naturnah, cool, individuell und höchst flexibel. Es ist allerdings nicht ganz einfach, auf dem barrierefreien Wohnwagenmarkt fündig zu werden. Beim Freizeitmobil-Spezialisten Wanner im baden-württembergischen Dußlingen gibt es auch solche Wohnwagen. Vorzeigemodell ist der Wantastic – ein Caravan für vier Personen.
Er ist unglaublich bunt und raubt einem beim ersten Anblick schier den Atem. Die auffällige Lackierung des Wantastic möchte darauf aufmerksam machen, dass es sich bei diesem Wohnwagen um nicht weniger als einen Gefährten für unabhängiges Reisen handelt. Es steckt in ihm einiges an Maßarbeit. »Nahezu jeder Pkw mit Anhängerkupplung kann ihn an den Haken nehmen«, sagt Falko Georgi und schaut zufrieden auf die Sonder-Edition des Caravans, den es natürlich auch in herkömmlicher weißer Karosseriefarbe gibt.
Es wurde dem Geschäftsführer des Freizeitmobil-Spezialisten Wanner im schwäbischen Dußlingen bei Tübingen nicht ins Ohr gepfiffen, dass er mit seinem Team einen barrierefreien Wohnwagen gestalten soll. Vielmehr brachte ihn ein Erlebnis vor ein paar Jahren auf diese Idee, als er während eines Campingurlaubs am Gardasee mitbekam, wie ein Vater seine Tochter vom Rollstuhl in den Wohnwagen rein- und raustrug. »Dies trat in mir nicht nur eine Gedankenlawine los, wie ich eine Rampe anbringen, die Tür verbreitern und im Inneren Möbel verrücken müsste. Wichtig war mir von Anfang an, ein solches Projekt so durchzuziehen, dass man sich das Modell preislich auch leisten kann.« Der Grundpreis beträgt 30 000 Euro, worin die serienmäßigen Umbaumaßnahmen für rund 12 000 Euro enthalten sind.
Wohnwagen Wantastic für vier Personen
Falko Georgi ist ein typischer Macher. Wieder daheim angekommen, fackelte er nicht lange und entschied sich für ein kompaktes Adria-Wohnwagenmodell, setzte sich in einen Rollstuhl und erkundete fürs Erste selbst die entscheidenden Hürden. Mittlerweile hat er den Caravan auf den Namen Wantastic getauft – unmissverständlicher Ausdruck seiner Begeisterung für ein fantastisches Häuschen auf Rädern.
Durch eine auf 84 Zentimeter verbreiterte Tür geht’s hinein in die Welt der Campingfreunde. Die grundsätzliche Innenarchitektur ist gegenüber dem herkömmlichen Modell nicht verändert, aber in allen Bereichen wurde Hand angelegt, in erster Linie, um die Elemente tiefer zu setzen. Georgi betont, wie wichtig es ihm ist, dass »im Wohnwagen wie zuhause auch so viel wie möglich ohne Hilfe machbar sein soll«. Im Eingangsbereich überblickt man links die Sitzgruppe, anschließend daran nach rechts geht’s ins offen gestaltete Bad mit Vorhang, gegenüber befindet sich die Küchenzeile, und im hinteren Bereich ist der Schlafbereich für zwei Personen. Klar, der 6,85 Meter lange und 2,30 Meter breite Caravan hat nicht die Dimensionen einer Bahnhofshalle, aber er vermittelt ein ordentliches Raumgefühl. Mit dem Rollstuhl lässt es sich darin gut drehen und wenden. Befinden sich tatsächlich vier Personen im Inneren, dann ist natürlich etwas Vorsicht geboten – das entspricht dem Charakter dieser mobilen Wohnfläche.
Der Tisch kann je nach individuellem Platzbedarf einfach entlang einer Schiene verschoben werden. Ein Luftausströmer direkt gegenüber dem Rollstuhlplatz sorgt bei kühleren Temperaturen für mollige Wärme. Außerdem entsteht hier auf Wunsch im Zusammenspiel mit der Sitzbank eine Liegewiese für zwei Mitreisende auf einer Breite von 1,17 Meter und einer Länge von 1,75 Meter.
Wesentliche Möbel werden abgesenkt
Eine entscheidende Änderung in der Küchenzeile ist die um zwanzig auf 77 Zentimeter abgesenkte Arbeitsfläche – einschließlich Koch- feld und Spülbecken. Der Griff des tiefergeleg- ten Kühlschranks ist in 60 Zentimeter Höhe; problemlos ist auch das Eisfach aus der Sitzposition zu erreichen. Viel Grübelei steckt in der so genannten Nasszelle, die streng genommen gar keine Zelle ist. »Wir haben sie so luftig wie möglich gestaltet, um eine optimale Raumausnutzung zu erreichen. Deshalb gibt es dort eine befahrbare Duschwanne mit Vorhang«, führt Georgi aus und zieht die blickdichte Gardine mit einem Rutsch zu, um die drei offenen Seiten abzugrenzen. Der Wasserhahn ist samt Schlauch aus dem ebenfalls abgesenkten Waschbecken ausziehbar und dient als Duschbrause, die zudem noch in einer höher angebrachten Halterung fixiert werden kann. Die Toilette ist von vorne und der linken Seite anzufahren, allerdings hat sie keinen speziellen Haltegriff zum Umsetzen.
Die zwei je achtzig Zentimeter breiten Betten haben zwölf Zentimeter breite Aussparungen im Beinbereich, damit man im Mittelgang mit dem Rollstuhl vorwärts oder rückwärts hinfahren kann. Mittels ausziehbarem Gestell lassen sich die beiden Betten samt Matratzenauflage in der oberen Fläche komplett verbinden.
Rampe mit sanfter Steigung
Bleibt noch die Frage, wie man das Zugangsportal in den Wohnwagen erklimmen kann. Auf der 2,20 Meter langen Rampe besteht eine Steigung von acht Prozent, weshalb eine zweite Person erforderlich ist. Dann aber ist das Hineinschieben ganz einfach. Wenn die Rampe nicht gebraucht wird, ist sie von außen gut zugänglich im Gasflaschenkasten im vorderen Caravanbereich untergebracht: »Die Rampenelemente lassen sich zusammenschieben wie ein Ziehkoffer«, sagt Georgi und führt die Aktion spielerisch vor. Übrigens: Den Wohnwagen an- und abzuhängen ist kein Problem. Dazu sind gerade mal fünf Griffe notwendig, wie Georgi erläutert: »Einhängen, Stützrad nach oben klappen, Elektrik anschließen, Bremse vom Wohnwagen lösen und Antischlingerkupplung nach unten drücken. Fertig ist die fahrbare Laube!« Im Leerzustand wiegt der Wantastic eine Tonne, bis zu 350 Kilogramm Zuladung sind in diesem Modell erlaubt.
Warum hat sich das Wanner-Team für den serienreifen Spezialumbau eines Caravans und nicht für ein Reisemobil entschieden? Dazu hat Falko Georgi eine klare Meinung: »Wenn ich mein Häuschen am Haken habe, dann bin ich
für entsprechende Ausflüge unterwegs völlig unabhängig. Ich kann mich jederzeit vor Ort mit dem Pkw bewegen, Reisemobile sind ja vergleichsweise riesige Klötze, haben vielfach Zufahrtsbeschränkungen.« Im Übrigen sollte man nicht vergessen, dass der Wantastic nur ein Beispiel darstellt. »Er ist quasi der Golf unter den Wohnwagen. Wir können im Prinzip jedes Modell umbauen«, sagt Georgi.
Sonderwünsche seien in vielen Fällen integrierbar. Nach kurzem Nachdenken zeigt er die Bandbreite auf: vom Solarpanel für Verbraucherbatterien über eine elektrische Markise oder individuell gefertigte Möbel bis hin zur elektronischen Umfeldsteuerung per App. In diesem Zusammenhang verweist er auf den Caravan-Umbau für einen Contergangeschädigten Kunden, dessen Gespann bereits auf Europatour in Frankreich und Rumänien war.
Fazit
Bei Interesse an dieser Form des Reisens muss man nicht gleich einen Wohnwagen kaufen, sondern kann bei Wanner auch erst mal mit einem gemieteten Modell die Campingluft schnuppern. Mit einem Augenzwinkern gibt der Umbauspe- zialist Georgi abschließend zu bedenken: »Wer vom Campingvirus einmal befallen ist, wird zum überzeugten Wiederholungstäter.«
Geschäftsführer Falko Georgi führte den Umbau des Wohnwagens Adria 492 LU durch und ver- mietet auch diesen Caravan.
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