Über Horizonte blicken

von Margarethe Quaas

Wissens- und Erlebniswelten in Bremerhaven

»Vor Ort in andere Welten eintauchen«

Ein Hafen gilt seit jeher als Transitzone – ein Ort zum Ankommen und Aufbrechen, eine Zwischenstation. Doch anstatt in das nächste Schiff zu steigen, lädt die Stadt Bremerhaven den Besucher ein, vor Ort in andere Welten einzutauchen. Auf unserem dreitägigen Ausflug spüren wir hautnah fremde Klimazonen, unternehmen eine bewegende Zeitreise und besichtigen eine verbotene Parallelwelt aus Stahl und Eisen.

Schiff im Wasser, daneben Gebäude des Auswandereramtes
Foto: Deutsches Auswandererhaus / Werner Huthmacher


Das typische Nordseewetter macht auch vor Bremerhaven nicht Halt. Bei unserer Ankunft erleben wir viel Niederschlag, Nebel, feuchte Luft. Doch was ungemütlich klingt, kann auch heilende Wirkung haben: Die salzhaltige Luft löst den Schleim aus den Atemwegen und lindert Entzündungen. Also heißt es: Tief und
entspannt durchatmen, gerade wenn das schöne Wetter mal auf sich warten lässt.
Auf unseren Wegen begegnen uns häufig Menschen im Rollstuhl. Nicht nur die Luft, sondern auch die Wege sind für die Rollifahrer gut geeignet. Das Areal vom Museumhafen bis zum Neuen Hafen mit den angrenzenden Sehenswürdigkeiten ist übersichtlich und modern gebaut. Alte Pflastersteine sind nur für wenige Meter am alten Hafen zu finden und selbst dort sind abgeflachte Steine als ruckelfreie Wege gepflastert.

Tipp: Wer mit dem Zug ankommt, kann sich eines der zwei barrierefreien Taxis bestellen, die eine Rampe besitzen. Absenkbare Busse mit klappbarer Rampe und einem Rollstuhlplatz verkehren in kurzen Zeitabständen.

Auswandern im Museum

Ein Mann und eine Frau haben beide ein Telefon in der Hand und sitzen sich gegenüber
Foto: Deutsches Auswandererhaus / Martin Stoever

Am neuen Hafen angekommen, erwartet uns ein emotionaler Ort: Hier traten im 19. und 20. Jahrhundert Millionen von Menschen ihre lebensverändernde Reise in eine neue Welt und in ein neues Leben an. Obwohl es Museum heißt, zählt die Ausstellung hier doch zu den Wissens- und Erlebniswelten. Nah an den Geschichten der auswandernden Menschen aufgebaut, werden Informationen multimedial und emotional aufgearbeitet. Jeder Besucher erhält eine eigene Chipkarte und eine neue Identität. Unser Ausweis zeigt die Auswandererin »Hertha Nathorff«. Während der Ausstellung erfahren wir an den Hörstationen, wie schwierig das Ausreisen für die jüdische Kinderärztin war und welche Entbehrungen sie nach der Aufnahme in die sicheren USA erleben musste. Szenen in knarrenden und detailliert ausgestatteten Schiffskabinen mit lebensechten Puppen lassen uns Überfahrten verschiedener Epochen nachvollziehen.

Die Toilette im Erdgeschoss hat links der Toilette einen klappbaren Haltegriff. An der rechten Seite ist er fest installiert. Auf der oberen Etage befindet sich eine weiteres WC. Dieses hat an beiden Seiten klappbare Haltegriffe. Beide Toiletten verfügen über einen ausreichenden Wendekreis.

Restaurant Pier 6

Nach dem Museumsbesuch schlendern wir bei inzwischen trockenem Wetter den neuen Hafen entlang. Kleine und große Schiffe schuckeln am Pier. Die Dampfschiffe »Welle« und »Wal« oder das Segelschulschiff »Deutschland« liegen hier zum Begutachten an ihren Liegeplätzen. Wir werfen unseren Anker im Pier 6 zum Abendessen aus. Das stilvolle Restaurant bietet vielfältige Fisch- und Fleischgerichte an. Im weichen Licht genießen wir Grünesser die »Variation vom Blumenkohl«. In gebackener, gebratener, eingelegter Form und als fluffiger Flan serviert, sind wir erstaunt, wie vielseitig Kohl sein kann. Die behindertengerechte Toilette des Pier 6 hat zwei klappbare Haltegriffe, wobei der Abstand links zur Wand etwa 50 cm beträgt. Zur rechten Seite sind es etwa 70 cm. Das Örtchen verfügt über einen kippbaren Spiegel und einen ausreichenden Wendekreis.

Zwei Personen stehen vor dem Archiv des Auswandereramtes
Foto: Margarethe Quaas

Der Weg durch die Ausstellung wird an mehreren Stellen für Rollifahrer unterbrochen, sobald eine Treppe auftaucht. Dann führt ein Lift mit 94 cm Türbreite auf die neue Ebene. Die Türen zu den Lifts lassen sich oft nur schwer öffnen, da keine elektrischen Türöffner vorhanden sind. Aber immerhin: Man kommt vorwärts. Neben Informationen zu den Hintergründen der Auswanderungsbewegungen bekommen die Besucher immer wieder Originaldokumente in Briefform, auf Fotos und in Filmen zu sehen. Tagebucheinträge werden an den Hörstationen vorgelesen, während das Meer im Hintergrund rauscht. Die vielen Schaukästen, Informationstagen und Hörstationen sind in unterschiedlichen Höhen angebracht. Nicht alle sind vom Rolli aus erreichbar. Alles lässt sich aufgrund der Fülle jedoch ohnehin für keinen Besucher
aufnehmen.

»Kunststücke ganz nah erleben«

Kulturreise: Alte Bürger

Ein kleiner Verdauungsspaziergang durch das Hafengelände führt uns zur nah gelegenen Szene- und Kulturmeile »Alte Bürger«. An der Bürgermeister-Smit-Straße reihen sich Bars, Galerien und ein kleines Theater aneinander. Das »piccolo teatro« ist barrierefrei zugänglich und bietet dem Publikum Darbietungen aufgrund des kleinen Raumes ganz aus der Nähe an. Die nächstgelegene behindertengerechte Toilette ist etwa fünf Minuten entfernt an der Grünanlage Bürgermeister-Martin Donandt-Platz zu finden und mit Euroschlüssel benutzbar.

Teller mit Essen steht auf einem Tisch
Foto: Margarethe Quaas

Es gibt einen detaillierten Stadtplan von Bremerhaven mit barrierefreien Parkplätzen, Parkhäusern und Toiletten. Abgesenkte Übergänge oder eventuelle Treppen sind eingezeichnet. Nicht ohne Grund ist Bremerhaven zertifizierter Tourismusort von »Reisen für Alle«.

Probleme durch die Klimaveränderung einzutauchen. Virtueller Wegbegleiter in der Ausstellung ist
Axel Werner, der die große Reise tatsächlich gemacht und mit Videos, Fotos, Tagebuchaufzeichnungen, Interviews und Fundstücken dokumentiert hat. Viele sinnliche Stationen zum Hören, Riechen, Tasten und Selbsterleben lassen uns in die verschiedenen Welten eintauchen. Das tropisch feuchte Klima oder die trocken-kalte Antarktisluft werden als Raumtemperatur in der Ausstellung leibhaftig spürbar. Da bleibt Fernweh nicht aus.

Sobald es einen alternativen barrierefreien Weg gibt, ist dieser mit einem roten Symbol markiert. Die Türen zu den Lifts gehen elektrisch auf. In Samoa und im Niger ist der Boden teilweise sandig, aber mit festem Untergrund. Die Toiletten im Untergeschoss und Obergeschoss sind mit beidseitig klappbaren Haltegriffen ausgestattet. Auf der oberen Etage ist der Abstand rechts der Toilette jedoch nur 50 cm breit. Bevor es in die Antarktis geht, gibt es die Möglichkeit einer kleinen Verschnaufpause im Restaurant. Die Küche ist klimafreundlich vegetarisch und vegan orientiert, es gibt aber auch Fischgerichte. Wir unterstützen dieses Bewusstsein gern bei einer gut schmeckenden veganen Currywurst mit Pommes und Krautsalat.

Abstecher in die verbotene Stadt

In eine ganz andere Welt tauchen wir mit dem Hafen Bus ein. Er verfügt über einen Rollstuhlplatz und ist durch eine Rampe befahrbar, die vom Busfahrer angelegt wird. Der Ausflug geht zum viertgrößten Containerhafen Europas. Dafür passieren wir die Zollgrenze und lassen die EU hinter uns. Wir drehen eine Runde um die Lloyd Werft, die sich auf den Bau und Umbau von Schiffen spezialisiert hat, und fahren ganz nah an dem 350 Meter langen Trockendock vorbei. Am Containerhafen beginnt die »Verbotene Stadt«, verboten für private Besucher, die nicht im Hafen Bus sitzen. Hier stapeln sich die Metallkästen in die
Höhe und verschiedenste Arten von Fahrzeugen warten auf ihre Weiterreise. Aus Angst vor Spionage ist das Fotografieren auf diesem Gelände verboten.

»Die unfassbaren Dimensionen der Welt aus Stahl und Eisen«

Großes Containerschiff
Foto: Bremenports-Brhv

Der kundige Busbegleiter erklärt uns die Abfertigung der Container, belegt uns die unfassbaren Dimensionen dieser Welt aus Stahl und Eisen mit Zahlen und gibt kleine Geschichten zum Besten. So gab es am 1. Oktober 1958 an der »Kaje der Tränen« kein Schluchzen, sondern kreischende Rufe, als Elvis Presley, damals noch Marinesoldat, anlegte. In Bremerhaven befindet sich auch eine der größten Automobildrehscheiben weltweit. Vor der Corona-Zeit wurden an die zwei Millionen Autos pro Jahr umgeschlagen. Zugegeben, ein etwas bleierner Beigeschmack, mit dem Klimahaus im Rücken.

Havenhostel Bremerhaven

Wir übernachten im preislich entspannten Havenhostel. Es ist gut mit dem Bus erreichbar, hat aber auch einen Parkplatz direkt vor dem Gebäude. Die zwei barrierefreien Zimmer sind per Lift zu erreichen und praktisch eingerichtet mit unterfahrbarem Tisch, niedrigem Regal und Kleiderstange. Es gibt drei Einzelbetten in dem geräumigen Zimmer mit knallig rotem Boden. Der gewöhnungsbedürftige Farbton erstreckt sich bis in das Badezimmer. Rechts der Toilette schließt gleich eine Wand mit Haltegriff an. Links der Toilette befindet sich die Dusche mit klappbarem Griff. Es gibt einen Duschstuhl und der Duschkopf lässt sich in der Höhe leicht verstellen. Das Frühstück im Saal erinnert an Jugendherbergen, wohl nicht zuletzt wegen den Schulklassen. Geräuschempfindlich am Morgen darf der Besucher hier nicht sein. Ein Schild mit barrierefreiem Symbol weist darauf hin, dass das Personal helfen kann, da das Buffet etwas hoch gelegen ist. Käse, Wurst, Eier, Obst und Müsli liegen gut sortiert zum Verzehr bereit.

Containerschiff
Foto: Bremenports-Brhv

Auch eine kleine vegane Ecke ist eingerichtet. Im Hostel gibt es eine Selbstversorgerküche, die jedoch nur über eine Treppe erreichbar ist. Preis für ein Einzelzimmer ab 46 Euro pro Nacht.

Bürgermeister-Smidt-Straße 209
27568 Bremerhaven
Tel: +49 (471) 309 66 90
bremerhaven@havenhostel.de

»Mit Blick auf den Hafen genießen wir das Frühstück«

Liberty Hotel

In zentraler Lage am neuen Hafen und mit stilvollerem Ambiente lockt das Liberty Hotel. Unser helles Zimmer ist elegant mit dunklem Holz und satten Farben eingerichtet. Hier wurde auch auf Details geachtet: Der Tisch ist unterfahrbar und die Kleiderstangen sind niedrig angebracht. Tee und Kaffee können im Miniwasserkocher auf dem Zimmer kostenlos zubereitet werden. Das Badezimmer ist beidseitig mit klappbaren Haltegriffen an der Toilette ausgestattet, wobei an der linken Seite gleich die Wand liegt. Die Spülung ist direkt am rechten Haltegriff installiert. Die Dusche besitzt einen verstellbaren Duschkopf, der etwas schwere Duschstuhl lässt sich am Haltegriff einhängen. Hier braucht die Besucherin jedoch Hilfe.
Etwas ungewöhnlich ist, dass sich die Dusche direkt vor der Toilette befindet.

Das Wenden und Anfahren sind zwar somit kein Problem, es kann jedoch nach einem Waschgang etwas feucht unterm Rad werden. Mit Blick auf den vernebelten Hafen genießen wir im Frühstücksraum die ruhige und leicht verschlafene Atmosphäre. Bei diesem Urlaubsgefühl von »alles kann, nichts muss« bedienen wir uns am reichen Frühstücksbuffet: Brötchen, Kuchen, selbst gemachte und äußerst fluffige Nußnougatcreme mit Croissant. Oder Müsli mit Obst, Joghurt, Rührei, frischem Speck – für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Liberty Hotel GmbH
Columbusstrasse 67
27568 Bremerhaven
Tel +49 (0) 471 902 240

Fazit

Für einen Mehrtagestrip oder Kurzurlaub ist Bremerhaven bestens geeignet – egal ob bei Schietwetter oder Sonnenschein. Der interessanteste Teil ist um den Hafen gelegen und deshalb auf kurzen Distanzen und asphaltierten Wegen leicht zu befahren. Also Auto im Parkhaus oder gar Zuhause lassen und per Rolli in die Wissenswerten eintauchen, Schiffe bestaunen und Seeluft schnuppern.

Tourist-Info Hafeninsel
H.-H.-Meier-Straße 6
27568 Bremerhaven
TouristTel: 0471 414 141
von Mo. – Fr. von 09.00 – 15.30 Uhr
Öffnungszeiten
täglich von 09.30 – 17.00 Uhr
Tourist-Info-HI@erlebnis-bremerhaven.de

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